Sonntag, 18. Dezember 2011

17. Dezember


Schule, wie wir sie erleben
Unser Arbeitsplatz ist (immer noch) die Schule. Unsere Position ist irgendwo freischwebend zwischen Schüler und Lehrer, zwischen Klassenkamerad und Autoritätsperson. Auch von den Lehrern werden wir ganz unterschiedlich wahrgenommen und behandelt.
Das beninische Schulsystem ist an das französische System angelehnt. Nach sechs Jahren Grundschule, besuchen die Schüler ein Collège, wobei hier meist nicht zwischen Collège und Lycée unterschieden wird. Die Regelschulzeit am Collège beträgt sieben Jahre. Neben den öffentlichen Schulen, gibt es viele Privatschulen, in Nati vor allem Katholische. An allen Schulen wird Uniform getragen, an den öffentlichen Schulen heißt das „Kaki“, die auch wirklich Kaki sind. Schulgeld und Leistungsniveau unterscheiden sich zwischen den Schulen extrem stark. Am CEG 3 zahlen Mädchen mit Unterstützung des Präsidenten Yayi Boni dieses Jahr 6500 FCFA, an Privatschulen mehr als zehnmal so viel.
Die größte Schule in N’gou ist das CEG 1. Jedesmal wenn wir das Gelände betreten, gibt es großes Hallo und wir freuen uns über jeden Schüler den wir wiedererkennen. Es gibt alleine schon 12 Terminals (Abschlussklassen), wobei in einer Klasse bis zu 120 Schüler eingeschrieben sind, von denen täglich um die 80 anwesend sind. Das alleine sind schon mehr Schüler, als in unseren Gymnasien in Deutschland. Große Klassen sind vor allem Folge des Lehrermangels. Außerdem gibt es viel zu wenige Klassenräume, weswegen montags bis samstags von 7-19 Uhr unterrichtet wird. In den großen Klassen gibt es große Leistungs- und Altersunterschiede, so dass viele Schüler wiederholen müssen, und oft erst Mitte 20 ihr Bac ablegen.
Der Unterricht ist zu großen Teilen auf Reproduktion ausgelegt. Es wird wenig selbstständig erarbeitet, vor allem in den Sprachen geht es kaum um Textproduktion oder Gespräch, sondern vor allem um Grammatik und Form. Es ist sehr schade, dass den Schülern eigentlich kein selbstständiges Arbeiten beigebracht wird. Natürlich ist unsere Wahrnehmung dazu eine ganz andere, kommend aus einem Land, wo wir optimalen Zugang zu Lehrmitteln, Büchereien und Internet haben, wogegen sich hier Recherche als eher schwierig darstellt.
Respekt spielt hier im Unterricht eine große Rolle. Wenn der Lehrer den Klassenraum betritt, stehen alle auf und begrüßen ihn. Auch beim Antworten wird aufgestanden. Die Schüler verweigern die Hand des Lehrers und verbeugen sich stattdessen. Bei herausragenden Antworten wird dem Mitschüler in einem festgelegten Rhythmus applaudiert.
Wie in jedem Schulsystem gibt es hier Vor- und Nachteile, Gewinner und Verlierer, Streber und Gelangweilte, Klassenclowns und Klassensprecher. Ich bin hier sehr gerne im Unterricht, weil ich neben ein bisschen Unterstützen, an interessanten Diskussionen teilnehmen kann und auch Freunde finde.

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